Karpaltunnelsyndrom / Neurochirurgie

Ein Kompressionssyndrom eines peripheren Nerven – was ist das eigentlich?

Karpaltunnelsyndrom
Nerven stellen die Verbindung zwischen dem Gehirn und den Organen und Sinnesorganen im Körper dar. Da sie auf ihrem Weg zu diesen Organen durch Muskeln, Sehnen und Knochenlücken laufen, können sie unter bestimmten Voraussetzungen eingeklemmt werden. Dies kann grundsätzlich alle Nerven im Körper betreffen, wobei dies bei bestimmten Nerven häufiger vorkommt, als bei anderen. Je nach Ausmaß und Ursache der Beschwerden lässt sich dies oft nur durch eine Operation beheben. Viele dieser Eingriffe können ambulant und in örtlicher Betäubung durchgeführt werden, bei erfahrenen Operateuren sind Komplikationen selten, Sie werden über Ihr spezifisches Risiko bei der Voruntersuchung und dem Vorgespräch zur Operation natürlich aufgeklärt.

Karpaltunnelsyndrom CTS:

Dies ist das mit Abstand häufigste Nervenkompressionssyndrom, Frauen sind häufiger als Männer davon betroffen. Hierbei wird der Medianusnerv beim Übergang vom Unterarm in die Hand durch eine quer verlaufende Sehnenplatte (das sog. Ligamentum carpi transversum bzw. Retinaculum flexorum) gedrückt. Typischerweise schläft die betroffene Hand meist nachts oder in den frühen Morgenstunden ein, man wacht davon auf, anfänglich lassen die Beschwerden auf Ausschütteln oder Durchbewegung der Hand wieder nach. Sollten dauerhafte Gefühlsstörungen oder gar Lähmungen auftreten, oder wenn die Nachtruhe durch das häufige Erwachen nachhaltig gestört ist, muss eine Operation in Betracht gezogen werden. Dabei wird in örtlicher Betäubung das drückende Band durchtrennt und dem Nerv wieder der notwendige Platz geschaffen. Bei Erwachsenen ist dies problemlos möglich. Der Eingriff dauert ca. 15 Minuten, vielfach sind sofort danach die Beschwerden verschwunden. Nach Abschluss der Wundheilung etwa 2 Wochen später ist eine uneingeschränkte Belastung der Hand wieder möglich. Häufig treten derartige Beschwerden auch während der Schwangerschaft auf, in diesen Fällen muss selten operiert werden, weil nach der Entbindung auch meist die Symptome wieder verschwunden sind.

maximale Ausdehnung der Schnittführung
maximale Ausdehnung der Schnittführung

bei der offenen CTS OP

Sulcus ulnaris Syndrom SUS:

Dies ist das zweithäufigste Nervenkompressionssyndrom, es betrifft den Ulnarisnerven am Ellenbogen im Bereich des sog. „Musikantenknochens“ oder „Mäuschens“. Ursache kann ein verdicktes Band, eine abgeflachte Knochenrinne, oder auch ein Lagerungsschaden nach einer OP sein. Das Einschlafgefühl betrifft hier den Ringfinger und den kleinen Finger, sowie die Handkante. Vielfach merken die Patienten die Schädigung des Nerven erst, wenn schon Lähmungserscheinungen oder ein Muskelschwund aufgetreten sind.

Muskelschwund
Muskelschwund (Atrophie)

bei einem schweren SUS

Loge de Guyon Syndrom

Beim seltenen Loge de Guyon Syndrom ist ebenfalls der Ulnarisnerv am Handgelenk betroffen, daher sind zwar die Finger, nicht habe der Handkante von den Gefühlsstörungen und auch nicht die Beugemuskeln der Finger betroffen.

Interosseus anterior Syndrom

Hier ist der Medianusnerv am Unterarm an seinem Durchtritt durch den Pronator teres Muskel oder durch Sehnen der oberflächlichen Fingerbeugemuskeln (M.flex.dig.superficialis) betroffen. Anfänglich bestehen Schmerzen, dann Lähmungen, besonders der tiefen Fingerbeugemuskeln des Zeige- und Mittelfingers (Beachte: Flexor dig. superficialis bleiben intakt !). Typisch ist das Pinch Zeichen: Kuppen von Daumen und Zeigefinger aufeinanderpressen => Daumen und Zeigefinger werden im Endglied gestreckt. Die Gefühlsstörungen betreffen meist den Daumen, Zeige- und Mittelfinger.

Interosseus posterior Syndrom/Supinatorlogensyndrom

Hier ist der Bewegungsanteil des Radialisnerven am Unterarm im Bereich des Durchtritts durch die sog. Supinatorloge (Arkade von Frohse) gedrückt. Auch hier bestehen anfänglich Schmerzen (Mittelfingertest: Druck auf ausgestreckten Mittelfinger verursacht Schmerz im Radialisverlauf), manchmal kommt es auch schmerzlos zu einer Lähmung der Fingerstreckmuskeln, jedoch keine Gefühlsstörungen. Sowohl beim Interosseus anterior, wie posterior Syndrom ist die Ursache eine angeborene Enstelle an den o.g. Nervendurchtrittspunkten in Kombination mit einem Bagatelltrauma (schweres Heben, monotone Arbeit)

Peroneuskompressionssyndrom

Der N. peroneus verläuft aussen am Knie um das sog. Fibulaköpfchen herum und kann an dieser Stelle eingeeingt werden. Gelegentlich ist ein Überbein (Ganglion) an dieser Stelle für den Druck auf den Nerven verantwortlich, daher sollte vor einer Operation immer auch ein Kernspintomogramm durchgeführt werden. Der Peroneusnerv versorgt einen Großteil der Muskeln, die für die Fußhebung verantwortlich sind, bei Funktionsstörungen dieses Nerven kommt es daher zu einer Fußheberlähmung, im schlimmsten Fall zu einem sog. Schlappfuß. Meist führt man die Operation in einer Kurznarkose durch

Suprascapularissyndrom

Diese seltene Erkrankung betrifft in der Regel Spitzensportler der Bereiche Volleyball, Tennis und Handball. Es kommt zu einem belastungsbhängigen tiefen, dumpfen Schmerz der hinteren, seitlichen Schulterregion, und dann zu einem Muskelschwund der sog. Mm. supra- und infraspinatus, dadurch Reduktion der Abduktionskraft um ca. 1/3 bis 1/2, der Außenrotationskraft um ½. Eine Testblockade der Incisura scapulae mit Lokalanästhetikum lindert den Schmerz. Ganz selten sind sensible Störungen im Schmerzareal möglich. Diagnostik: der Muskelschwund (Atrophie) ist typisch verteilt, zusammen mit dem EMG (Messung des elektrischen Ströme im Muskel) nahezu beweisend. Unterschieden muss die Erkrankung zu anderen schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Schulter ohne sensible Störungen werden:

  • Periarthritis humeroscapularis (hier kein Muskelschwund)
  • Rotatorenmanschetten-Ruptur (bietet ähnliche Symptome => MRT)
  • Muskeldystrophien vom Schultergürteltyp (Leyden-Möbius, Erb-Landouzy-Dejerine, betreffen auch Muskeln, welche nicht vom N. suprascapularis innerviert werden, selten Schmerz)
  • Amyotrophe Lateralsklerose ALS (betrifft auch Muskeln, welche nicht vom N. suprascapularis innerviert werden, selten Schmerz, Faszikulationen)
  • Neuralgische Schulteramyotrophie (eher eine Ausschlussdiagnose, kann monomyalgisch sein, betrifft aber auch Muskeln, welche nicht vom N. suprascapularis innerviert werden)

Thoracic outlet Syndrom TOS

Es gibt ein TOS, welches die Nerven betrifft, dies ist extrem selten, häufiger ist das sog. vaskuläre TOS, welches die Blutgefäße drückt. Beim nervalen TOS kommt es zu belastungsabhängigen, aber nicht nächtlich betonten (vrgl. Karpaltunnelsyndrom) Schmerzen und Missempfindungen an der Kleinfingerseite des Unterarms, später auch der Hand bzw. im C8 Dermatom. Gefühlsstörungen im Schmerzareal sind möglich, Lähmungen aber selten. Es gibt keine einzige Untersuchungsmethode, welche ein nervales TOS beweist ! Am sichersten ist die klinische Untersuchung mit Ausschluss anderer differentialdiagnostischer Ursachen (CTS, Ulnariskompressionssyndrome, Bandscheibenvorfall der unteren HWS). Ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen liefert wertvolle Hinweise.