Stabilisierungsoperationen / Neurochirurgie

Unter diesen Begriff fallen zunächst einmal alle größeren Operationen an der Wirbelsäule, bei denen Implantate eingesetzt werden. Häufig werden hierfür auch Begriffe wie Verschraubung oder Versteifung verwendet. Derartige Eingriffe sind zum Glück nur selten erforderlich. In Betracht kommen sie dann, wenn eine schwere Instabilität im Bereich der Wirbelsäule vorliegt. Dies kann aufgrund eines Wirbelbruches nach Unfällen der Fall sein oder, wenn sich Tumoren beziehungsweise Metastasen am Wirbelknochen gebildet haben. Darüber hinaus kann auch ein sogenanntes Wirbelgleiten eine Versteifungsoperation erfordern. Wirbelgleiten kann angeboren sein oder sich durch fortschreitende Abnutzung der Wirbelgelenke entwickeln.

Stabilisierungsoperationen Lendenwirbelsäule

Wichtig ist, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es Alternativen zu einer Operation gibt. Beispielsweise können Metastasen der Wirbelsäule oft auch durch eine Bestrahlung oder Chemotherapie gut behandelt werden. Dies überprüfen wir individuell bei jedem Patienten. Meistens ist es nicht erforderlich, nach den Eingriffen eine Halskrawatte oder ein Korsett zu tragen. Die Patienten können im Regelfall unmittelbar nach der Operation wieder aufstehen und auch sitzen.

Sollte eine Operation notwendig sein, kann diese normalerweise minimalinvasiv durchgeführt werden – insbesondere dann, wenn eine Verschraubung „von hinten“ erforderlich ist. Hier werden Sie häufig auf die Begriffe PLIF, TLIF oder XLIF stoßen. Im Folgenden erklären wir Ihnen, was sich hinter diesen Bezeichnungen verbirgt

Operationen von hinten
(posteriorer Zugang)

Lendenwirbelsäule

PLIF ist die englische Abkürzung für „posterior lumbar intervertebral fusion“. Bei dieser Methode wird die Lendenwirbelsäule von hinten verschraubt und die Wirbelkörper werden durch ein Implantat (meist ein sogenannter Cage) verbunden. Hierzu müssen der Spinalkanal eröffnet und die Nerven freigelegt werden.

TLIF und XLIF sind sehr ähnliche Operationen. TLIF steht für „transforaminal lumbar intervertebral fusion“ und XLIF für „eXtreme lateral lumbar intervertebral fusion“. Auch diese Eingriffe führt man von hinten durch und bringt Schrauben ein. Der Unterschied zum PLIF liegt beim TLIF darin, dass der Spinalkanal nicht eröffnet, sondern der Cage seitlich durch das Zwischenwirbelloch eingebracht wird. Dieses Verfahren reduziert zwar das Risiko der Operation, ist allerdings nur dann anwendbar, wenn eine Entlastung (Dekompression) des Spinalkanals nicht nötig ist. Das ist allerdings bei dieser Art von Operationen eher die Ausnahme. Denn wenn der Spinalkanal frei ist, genügt oft auch eine nichtoperative (konservative) Therapie. Beim XLIF bringt man den Cage noch weiter von der Seite ein. Hierdurch kann der Hautschnitt verkleinert werden, aber es besteht ein höheres Risiko, Nerven zu verletzen.

Brustwirbelsäule

In dieser Region ist das Risiko der Schraubeneinbringung von hinten anatomisch bedingt etwas höher, als im Bereich der Lendenwirbelsäule. Denn die sogenannten Pedikel sind hier dünner. Muss der Wirbelkörper ersetzt werden, kann dies meist nicht von hinten erfolgen. Notwendig ist dann eine Operation durch den Brustkorb (Minithorakotomie).

Versteifungsoperation

Versteifungsoperation

Versteifungsoperation L5/S1 bei angeborenem Wirbelgleiten

Halswirbelsäule

Sind von hinten Eingriffe an der Halswirbelsäule nötig, führt man in aller Regel eine sogenannte Massa lateralis Verschraubung durch. Bei diesem Verfahren werden die Schrauben in die Wirbelgelenke gesetzt. Durch die engen anatomischen Verhältnisse und die direkte Lage zur Nackenschlagader beinhaltet auch diese Operation ein gewisses Risiko.

Operationen von der Seite
(lateraler Zugang)

Lendenwirbelsäule

Wenn zusätzlich oder anstatt einer Operation von hinten Eingriffe an den Wirbelkörpern auf Höhe L2 und L3 (manchmal auch L1) notwendig sind, kann dies von der Seite über einen sogenannten retroperitonealen lateralen Zugang erfolgen. Man geht seitlich am Bauchfell vorbei, um den sogenannten Psoasmuskel von der Wirbelsäule abzulösen. Ab L4 wird der Eingriff in der Regel von vorne durchgeführt, weil durch die Lage der Nerven ein erhöhtes Risiko einer Lähmung der Beine besteht. Schwierig wird das Verfahren bei L1. Denn hier sind die Rippen und das Zwerchfell der limitierende Faktor. Eingesetzt wird dann oft die Minithorakotomie.

Brustwirbelsäule

Mit einer sogenannten Minithorakotomie gelangt man einfach von vorne an die Brustwirbelsäule heran. Technisch ist der Aufwand aber groß. Denn vorübergehend kann während der Narkose nur ein Lungenflügel beatmet werden. Bei Patienten mit schweren chronischen Lungenerkrankungen oder starken Rauchern kann dies unmöglich sein. Dieser Eingriff wird in der Regel bei Wirbelbrüchen oder Wirbelmetastasen nötig, die nicht konservativ behandelbar sind.

Operationen von vorne
(ventraler Zugang)

Lendenwirbelsäule

Diese Option ist für Operationen von L4 bis zum Steißbein (S1) sinnvoll, wenn ein Eingriff von vorne nötig ist. Auch hier wird der Zugang außerhalb des Bauchfells (extraperitoneal) durchgeführt. Das Hauptrisiko liegt darin, dass große Blutgefäße wie die Bauchschlagader direkt auf der Wirbelsäule liegen und abgelöst werden müssen. Daher wird dieses sogenannte ALIF-Verfahren (anterior lumbar intervertebral fusion) nur bei zwingender Notwendigkeit angewendet.

Halswirbelsäule

Im Vergleich zur Lendenwirbelsäule ist dieser Zugang wesentlich einfacher und entspricht genau dem Zugang bei normalen Halsbandscheibenoperationen. Dieser Eingriff wird durchgeführt, wenn ganze Halswirbelkörper ersetzt werden müssen.

Kunstbandscheiben

Kunstbandscheiben werden auch als Bandscheibenprothesen bezeichnet und sind Anfang 2000 erstmals auf den Markt gekommen. Das theoretische Konzept ist nach wie vor sinnvoll, weil anstatt einer Versteifung die Beweglichkeit erhalten bleibt. Leider hat sich diese Erwartung in der Praxis nicht erfüllt. Im Gegensatz zu künstlichen Hüftgelenken funktioniert beispielsweise im Halswirbelsäulenbereich die Bandscheibenprothese nur sehr kurz und versteift dann auch. Im Lendenwirbelsäulenbereich ist der Aufwand bei der Implantation von vorne sehr hoch, auch hier haben sich die Erwartungen nicht erfüllt, so dass insgesamt derzeit kaum noch Indikationen zu einem derartigen Eingriff bestehen.

Interspinöse Spreizer

Viele Unternehmen haben derartige Spreizer auf den Markt gebracht. Die Aufdehnung der Wirbel sollte bei Spinalkanalstenosen den Spinalkanal erweitern und gleichzeitig eine Instabilität bekämpfen. Auch diese Spreizer haben die Erwartungen nicht erfüllt und werden daher kaum noch eingesetzt.

Dynamische Stabilisierungen

Im Gegensatz zu den Standard-PLIF/TLIP/XLIF Operationen werden hierbei die in den Wirbelkörper eingebrachten Schrauben nicht mit einem festen Stab, sondern einem Federsystem verbunden, um eine Versteifung zu vermeiden. Ob sich dies auf längere Sicht bewährt, muss abgewartet werden.